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Anmerkungen des Regisseurs |
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In den 14 Jahren, während deren es keinen von mir realisierten Film zu sehen gab, war ich doch fortwährend mit dem Filmhandwerk beschäftigt. Als Drehbuchautor von 36 Folgen der Schweizer Fernsehserie LÜTHI & BLANC, als Dozent für Drehbuchentwicklung, Regiebetreuung und Schauspielführung an der Deutschen Film- und Fernsehakademie dffb in Berlin und nicht zuletzt als Autor jener Projekte, die ich im Lauf der Jahre weiter entwickelt hatte, aber aus verschiedenen Gründen noch nicht realisieren konnte oder wollte. |
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Eines davon war ROSIE; die ersten Notizen dazu stammen aus 1995. Der ungarische Regisseur Bela Tarr, dem ich einige Male von meiner Mutter erzählte hatte, meinte, ich sollte einen Film über sie drehen. ROSIE bildet folglich keinen Neuanfang, sondern eine Fortführung meines filmischen Schaffens. Dennoch gab es bei diesem Film für mich in mancher Hinsicht ein „erstes Mal”. |
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Ich hab zum ersten Mal in Schweizerdeutsch gedreht. Bislang war ich der Meinung, unsere Mundart wäre zu sperrig oder zu unbeholfen für das Medium Film. Das war ein Irrtum. Ebenso wie jede andere Sprache eignet sich auch Schweizerdeutsch zur Dramatisierung. Seine Stärke liegt in der Direktheit und in der Reduktion, eine wahre Entdeckung für mich. |
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Und ich hab zum ersten Mal ausschließlich mit Schweizer Schauspielerinnen und Schauspielern gedreht. Auch in dieser Hinsicht musste ich Vorurteile korrigieren. Wir haben großartige Schauspieler und Schauspielerinnen schweizerischer Herkunft. Sibylle Brunner, Fabian Krüger und Judith Hofmann arbeiten alle an deutschsprachigen Theatern im Ausland, und sind selten in Schweizer Filmen zu sehen. Sebastian Ledesma ist ein Naturtalent, das ich vom Küchentisch eines Freundes weg gecastet habe. Da ich meine ersten Spielfilme überwiegend mit Laien gedreht habe, kenne ich in der Hinsicht keine Berührungsängste. |
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Und schließlich habe ich mich zum ersten Mal filmisch mit meiner Familie auseinandergesetzt. Mein Heimatort Altstätten in der Ostschweiz, eine Kleinfamilie mit zwei Kindern, einer Tochter, einem Sohn, der früh verstorbene Vater, der Profiboxer gewesen war, die Spekulation über seine Homosexualität, die Vereinsamung der Mutter – all dieses autobiographische Material bildet den Rahmen der Filmerzählung. Innerhalb dieses Rahmens habe ich mich jedoch ziemlich frei bewegt, da ich nicht vorhatte, meine Familiengeschichte wahrheitsgetreu nachzuerzählen. Einzig bei der Rosie-Figur habe ich mich um größtmögliche Authentizität bemüht. |
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Natürlich hat die Schauspielerin Sibylle Brunner ihre eigene Persönlichkeit und ihre Eigenheiten in die Rolle eingebracht. Aber die Figur ist im Drehbuch so genau wie möglich nach dem Vorbild meiner Mutter gezeichnet, die vor zehn Jahren gestorben ist. Der Film ist eine Hommage an sie. |
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